Drei Schwestern ohne bleibende Zähne. Experten sprechen von einer “Nichtanlage der bleibenden Zähne”, einer extrem seltenen Fehlbildung. Fallen die Milchzähne aus, werden keine bleibende Zähne nachkommen.
Bei der diesjährigen Jahrespressekonferenz der deutschen Gesellschaft für Mund,- Kiefer und Gesichtschirugie (DGKMG) blieben den Teilnehmern diese Fälle im Gedächtnis verankert:
Aufgrund der Krankheit fehlten bei den drei Schwestern insgesamt 54 Zähne, nachdem ihnen die Milchzähne ausgefallen waren. Ein normales Kauen war unmöglich, ähnlich wie bei einem Baby, das nur Brei essen kann. Die Schwestern aber gingen bereits in die Schule und mussten zusehen, wie eine Zahnlücke nach der anderen entstand.
Bei der Pressekonferenz zeigten die Dozenten dann allerdings eine andere Facette dieses Schicksals: das Foto einer lachenden jungen Frau, die nicht nur ihr Lebensgefühl, sondern auch ihren Biss wiedergefunden hat.
Der Hintergrund: Über mehrere Jahrzehnte wurden bei den Geschwistern insgesamt 43 Implantate gesetzt. Das Ergebnis ist beeindruckend und setzt neue Maßstäbe in der Forschung. Dass ihnen künstliche Zähne eingesetzt wurden, merkt niemand, der es nicht schon vorher wusste.
Kongresspräsident Prof. Dr. Dieter Weingart erklärt im Interview die entscheidenden Neuerungen.
Das Interview im Video
Die Fortschritte in der Mund-, Gesichts- und Kieferforschung haben den drei Schwestern ein neues Leben beschert.
Bei der Behandlung wurden von den Chirurgen zunächst die teilweise noch vorhandenen Milchzähne entfernt. Die insgesamt 43 Implantate haben sie sechs Monate später eingesetzt, drei weitere Monate später erfolgten weitere kosmetische Schritte, um die neuen Zähne optimal an den jeweiligen Kiefer anzupassen. Zu diesem Zeitpunkt waren die Frauen zwischen 18 und 20 Jahren alt.
Die Bilder im Video zeigen den Vergleich von Behandlungsbeginn und Behandlungabschluss. Eine Entwicklung, die vor ein paar Jahren in diesem Rahmen noch nicht möglich gewesen wäre.
Das Interview führte Felix Graf von Consulati mit Prof. Weingart.
Doch die drei Schwestern sind nicht die einzigen Beispiele, die beim 65. Jahreskongress der DGKMG in Stuttgart für Staunen sorgten.
Bei einem heute 35-jährigen Patient beeinflusste ein hormonproduzierender Hirntumor das Kieferwachstum. Dank einer komplexen chirugischen Korrektur kann der Patient heute ein normales Leben führen – dass er einmal gegen eine schwere Krankheit angekämpft hat, wird ihm heute niemand mehr anmerken.
In den vergangenen Jahren hat die Forschung noch einmal neue Maßstäbe gesetzt. Zum Beispiel wird der Abdruck, der zur Vorbereitung einer Zahnspange gemacht wird, mittlerweile durch genaue Computerverfahren ersetzt. Durch diese Technologie können Ärzte die OP-Ergebnisse exakt vorhersagen. Für den Patienten bedeutet dieser Fortschritt nicht nur eine gewisse Sicherheit, sondern auch einen gezielteren Eingriff für das jeweilige Anliegen.