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Optimierte Brustkrebstherapie: Genexpressionstest ermöglicht vielen Frauen personalisierte Behandlung ohne ChemotherapieFrauen, Krebs, Tumore 9. November 2014 |
Nach Abschluß der planB-Studie der WSG (Westdeutschen Studiengruppe) wird belegt, dass in den 3-Jahres Überlebensraten, Patientinnen mit Brustkrebs, die ein niedriges genomisches Risiko aufweisen, sich einer Chemotherapie nicht unterziehen müssten. Die Nachfolgestudie ADAPT der WSG, an der mindestens 2.300 Patientinnen teilgenommen haben, lässt hoffen, dass bei vielen Frauen, die behandelt wurden von einer Chemotherapie abgesehen werden kann ohne die Heilungschancen zu vermindern.
„Durch neue Testmethoden können wir unsere Therapiekonzepte heute der Tumorbiologie jeder einzelnen Patientin anpassen und so Über- aber auch Untertherapie vermeiden“, erläutert Frau Univ.-Prof. Dr. med. Nadia Harbeck, Leiterin des Brustzentrums der Universität München und W2-Professorin für Konservative Onkologie an der Frauenklinik der Universität München (LMU).
Onkotype DX® – Was genau bewirkt der Test
Einer der im Rahmen der WSG-Studien genutzten Genexpressionstests ist der Oncotype DX® Brustkrebstest (liefert das Recurrence Score® Ergebnis), ein genomischer Test der US amerikanischen Firma Genomic Health. Mit seiner Hilfe kann das individuelle Risiko der Patientinnen mit hormonempfindlichem frühem Brustkrebs weiter präzisiert werden. Eine Besonderheit des Oncotype DX® Tests stellt dessen Vorhersagekraft bezüglich des zu erwartenden Nutzens einer Chemotherapie zusätzlich zur Antihormontherapie dar. Oncotype DX® wird als einziger Genexpressionstest durch die meisten internationalen Leitlinien zur Nutzen-Abschätzung vor einer vorbeugenden Chemotherapie empfohlen. Der Test ergibt einen kontinuierlichen Score von 0 bis 100. In der WSG-ADAPT Studie (wie auch in anderen prospektiven Studien) wird das Ergebnis von 0 bis 11 als Niedrigrisiko, von 12 bis 25 als mittleres Risiko und über 25 als Hochrisiko gewertet. Der Stellenwert der Chemotherapie gilt aktuell nur beim hohen Risiko als gesichert, die Frage der optimalen Therapie beim mittleren Risiko wird derzeit im Rahmen von wissenschaftlichen Studien (WSG-ADAPT, TailorX, RxPonder) geklärt.
In der Niedrigrisikogruppe liegt das 3-Jahres Überleben ohne Rezidiv bei ca. 98%. Das schließt den theoretischen Nutzen einer vorbeugenden Chemotherapie in dieser Patientinnengruppe mit hoher Wahrscheinlichkeit aus. Das tatsächliche Restrisiko für diese Gruppe ist signifikant niedriger als das der Patientinnen, die aufgrund ihres hohen genomischen Risikos nach Oncotype DX® eine vorbeugende Chemotherapie erhalten haben.
Prof. Harbeck: „Wir haben in der planB-Studie erstmalig in Deutschland auf eine vorbeugende Chemotherapie bei Patientinnen mit bis zu drei befallenen Lymphknoten verzichtet. Die ersten Überlebensdaten bei Patientinnen mit niedrigem genomischem Risiko geben uns Recht und ermutigen uns, in diese Richtung weiter zu gehen.“
In der Nachfolgestudie deutlich weniger Chemotherapien als erwartet
Im Fokus der ADAPT-Studie stehen nach den guten Ergebnissen der planB-Studie jene 60% der Patientinnen, die aufgrund des Oncotype DX® Ergebnisses einem mittleren genomischen Risiko zugeordnet werden. In dieser Gruppe ist der Nutzen einer vorbeugenden Chemotherapie wahrscheinlich sehr gering.
Nach Auswertung der Daten der ersten 400 behandelten Patientinnen konnte die WSG feststellen, dass durch die Kombination der Informationen aus genomischem Risiko und individuellem Ansprechen auf die Antihormontherapie fast 65% der Frauen keine Chemotherapie benötigen. Das sind gut 20% mehr Frauen als bei der Planung der Studie geschätzt wurde. Sollten sich diese Zahlen im weiteren Verlauf der Studie bestätigen, so stellt das ADAPT-Konzept womöglich einen Durchbruch bei der personalisierten Behandlung von Brustkrebs im Frühstadium dar.
In der WSG-ADAPT-Studie können sich zwei Patientinnengruppen gegen die Chemotherapie entscheiden: einerseits diejenigen mit niedrigem genomischem Risiko, andererseits aber auch solche, die zwar ein mittleres Risiko aufweisen, aber gut auf eine kurze Antihormontherapie ansprechen, die vor der Operation getestet wird. Das Ansprechen auf die Antihormontherapie wird anhand der Messung der Zellteilungsrate vor und nach der kurzen präoperativen Therapiephase in einem zentralen Labor untersucht.
Bei Frauen mit HER2-positivem Brustkrebs werden in der WSG-ADAPT Studie vielversprechende neue anti-HER2 Medikamente geprüft, die den Patientinnen helfen sollen, die klassische nebenwirkungsreiche Chemotherapie durch neuartige zielgerichtete Therapien wie T-DM1 oder durch die alleinige Kombination moderner Antikörpertherapien (Trastuzumab und Pertuzumab) zu vermeiden.
An der WSG-ADAPT Studie nahmen in den letzten zwei Jahren an über 80 Brustzentren in Deutschland mehr als 2.300 Patientinnen teil. Noch etwa ein Jahr lang werden Patientinnen in die Studie aufgenommen.
PD Dr. Michael Braun, Koordinator der Hauptabteilung Gynäkologie und Leitender Arzt der Abteilung für Senologie/Brustzentrum des Rotkreuzklinikums München hat bereits viele Patientinnen in die Studie integriert und ist hoch zufrieden mit den Ergebnissen: „Allein im Rotkreuzklinikum München wurden bis dato 190 Patientinnen im Rahmen der WSG-ADAPT Studie behandelt. Die Rate an Patientinnen, bei denen auf eine Chemotherapie verzichtet werden konnte lag hier bei ca. 50%. Da die WSG-ADAPT Studie noch ein Jahr läuft, werden abschließende Daten mit den Ergebnissen erst in einigen Jahren vorliegen .
Prof. Dr. med. Nadia Harbeck
Leitung des Brustzentrums der Universität München
Standorte: Frauenkliniken Großhadern und Maistrasse-Innenstadt
Postadresse: Brustzentrum, Universitätsfrauenklinik
Klinikum Großhadern, Marchioninistr. 15, 81337 München
T: +49 (0)89 / 4400-77581
F: +49 (0)89 / 4400-77582
Nadia.Harbeck@med.uni-muenchen.de
Quelle: Genomic Health, Ipse Communication
Text: Andrea Stein und IPSE Communication