22
Sep

Behandlung bei Morbus Crohn individuell zuschneiden: Leuchtende Antikörper sagen Erfolg der Therapie voraus

categories Allgemein, Frauen, Magen-Darm, Männer   22. September 2014    

Bei einem schweren Verlauf der chronisch-entzündlichen Darmkrankheit Morbus Crohn kann eine Antikörpertherapie die Leiden der Patienten lindern. Doch die Behandlung mit den sogenannten TNF-alpha-Hemmern hilft nur etwa jedem zweiten Betroffenen. Ein Wissenschaftler aus Erlangen hat nun ein Verfahren entwickelt, das frühzeitig anzeigt, welche Patienten von der Therapie profitieren und welche nicht. Auf der Viszeralmedizin 2014, die vom 17. bis 20. September 2014 in Leipzig stattfindet, hat Professor Dr. med. Raja Atreya die Methode vorgestellt.

„Der Test soll es uns zukünftig ermöglichen, nur jene Patienten mit TNF-alpha-Hemmern zu behandeln, die tatsächlich darauf ansprechen. Den anderen Patienten bleibt eine erfolglose Therapie erspart, die mitunter auch mit Nebenwirkungen einhergeht“, erklärt Professor Atreya, Oberarzt an der Universitätsklinik Erlangen und Leiter der Bereiche chronisch entzündliche Darmerkrankungen, Hochschulambulanz und Studienambulanz. Zudem könnten die hohen Behandlungskosten der Therapie sinnvollerweise eingespart werden.

TNF-Hemmer wirken, indem sie den „Tumornekrosefaktor alpha (TNF)“ bekämpfen, der an den Entzündungsprozessen beteiligt ist. „Wir vermuteten, dass die Antikörper nur dann wirken, wenn sie in der Darmschleimhaut ihr Angriffsziel finden“, erklärt Atreya. Um diesen Prozess näher zu untersuchen, koppelten er und sein Team die Antikörper an einen fluoreszierenden Farbstoff. Während einer Darmspiegelung brachten sie diese auf die erkrankte Darmschleimhaut auf. Bei etwa der Hälfte der Patienten färbten sich die Zellen der Schleimhaut verstärkt an – ein Zeichen für den Signalstoff TNF. „Diese Patienten sprachen auf eine Anti-TNF-Behandlung an“, erklärt der Experte. Um die Antikörper sichtbar zu machen, verwendeten die Erlanger Mediziner ein konfokales Laser-Endomikroskop. Darüber können sie die Schleimhaut stark vergrößert betrachten.

In Deutschland leiden etwa 350 000 Menschen an Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa, den beiden häufigsten chronisch-entzündlichen Darmkrankheiten. Morbus Crohn äußert sich durch immer wieder auftretende krampfartige Bauschmerzen, schwere Durchfälle und Erschöpfungszustände. Die chronische Entzündung hinterlässt große Narben im Darmgewebe. Morbus Crohn ist nicht heilbar und verläuft in der Regel in Schüben. Ziel jeder Therapie ist es, die Erkrankung so weit wie möglich zum Stillstand zu bringen, die Phasen zwischen den akuten Schüben zu verlängern und die Darmfunktion zu erhalten. Dafür steht eine Reihe von Medikamenten zur Verfügung; welche im individuellen Fall geeignet sind, hängt unter anderem davon ab, wie stark die Entzündung ist und in welchem Teil des Verdauungstraktes sie auftritt. Die Antikörpertherapie ist in Deutschland für diejenigen Patienten zugelassen, bei denen andere Mittel nicht angemessen wirken.

„Entscheidend ist die richtige Therapie zum richtigen Zeitpunkt“, betont Atreya. „Bei Patienten mit Risikofaktoren für einen schweren Verlauf zum Beispiel empfiehlt es sich, so früh wie möglich mit einer auf das Immunsystem einwirkenden Behandlung zu beginnen, in die auch eine Antikörpertherapie einbezogen wird.“ Risiken für einen schweren Verlauf tragen etwa Patienten, bei denen schon in der Jugend Morbus Crohn diagnostiziert wurde oder die Entzündungen bereits in tieferen Schichten der Darmschleimhaut vorgedrungen sind. Auch bei Fistelbildung kann ein Arzt diese Behandlungsstrategie in Betracht ziehen. „Wenn wir künftig genauer wissen, wer auf die TNF-Blocker anspricht, können wir die Behandlung individuell darauf abstimmen und so den Verlauf der Erkrankung besser kontrollieren“, sagt Atreya.

Das neue Verfahren zur Vorhersage des Behandlungserfolges der Antikörper-Therapie wird derzeit an größeren Patientenkollektiven mit langen Verlaufsphasen getestet, bevor es in die klinische Anwendung gehen kann. Für seine Arbeit erhielt Professor Dr. med. Raja Atreya im Frühjahr 2014 den Theodor-Frerichs-Preis, die höchstdotierte Auszeichnung der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin e. V. (DGIM). Im Rahmen der Viszeralmedizin 2014 – der gemeinsamen Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) und ihrer Sektion Endoskopie und der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie (DGAV) – hat Professor Atreya das Verfahren vorgestellt.

Quelle:
Atreya R, Neumann H, Neufert C et al. In vivo imaging using fluorescent antibodies to tumor necrosis factor predicts therapeutic response in Crohn’s disease. Nat Med 2014; 20: 313–318

www.viszeralmedizin.com

Kommentare

Die Kommentarfunktion für diesen Beitrag wurde deaktiviert.

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmen Sie der Verwendung von Cookies und dem Einsatz von Google Analytics zu. Mehr Informationen dazu finden Sie hier.

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen