22 Jul |
Freiburger Erklärung zur natürlichen GeburtAllgemein, Frauen, Rund ums Kind, Schwangerschaft 22. Juli 2014 |
Angesichts steigender Haftpflichtprämien für Geburtshelfer fordern Ärzteschaft und Hebammen, dass das Versicherungsrisiko künftig von der Gesellschaft getragen wird.
Schwangerschaft und Geburt sind natürlicher Teil des Lebens. Dennoch wird vor allem der Geburtsvorgang zunehmend als Risiko begriffen und der Anteil natürlicher Geburten sinkt. Die Anzahl der Kaiserschnittentbindungen hat sich hingegen von 14 Prozent im Jahr 1990 auf mittlerweile 33 Prozent verdoppelt. Vor diesem Hintergrund fördert die „Kampagne zur Stärkung der natürlichen Geburt“ unter dem Dach des Sozialministeriums Baden-Württemberg öffentlichkeitswirksam das Verständnis der Geburt als natürlichen Vorgang durch Beratung und Aufklärung von werdenden Eltern.
Die Kampagne trägt auch entscheidend dazu bei, die Zusammenarbeit von Ärztinnen und Ärzten, Krankenhäusern und Hebammen zu verbessern. So fanden zum Ausbau gegenseitiger Akzeptanz und einer engen Kooperation vier Fachkonferenzen in Stuttgart, Reutlingen, Karlsruhe und Freiburg statt, bei denen Ärzte und Hebammen miteinander in Dialog kamen und sich gemeinsam fortbildeten.
Die Veranstaltungsreihe ging am vergangenen Samstag (19. Juli 2014) in Freiburg zu Ende. Der Abschluss-Fachkonferenz wohnte unter anderem auch Bärbl Mielich bei. Die Abgeordnete der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen im Landtag von Baden-Württemberg, gleichzeitig Vorsitzende des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren, lobte das Engagement aller Beteiligten für die Natürliche Geburt und die interprofessionelle Kommunikation.
Die Verbände von Hebammen und Ärzten verabschiedeten nachstehende Erklärung:
Freiburger Erklärung zur natürlichen Geburt
Geburt und Gebären ist ein sehr emotionales Ereignis und wird es immer bleiben. Daran ändern auch moderne Technik und rationale Aufklärung in unserer Zeit nichts. Umso mehr ist es nötig, Gefühl und Verstand ins Lot zu bringen, damit das intime Erlebnis und der medizinische Sachverstand Startpunkt für eine glückliche und gesunde Familie werden. Um dieses hohe Ziel bemüht sich die „Kampagne zur Stärkung der natürlichen Geburt“.
Die operative Geburt ist nicht per se nachteilig. Dennoch ist der Kaiserschnitt ein erheblicher operativer Eingriff, der auch kurz- und langfristige Risiken für Mutter und Kind birgt. Nicht selten spielen Verunsicherung und Angst bei der Entscheidung gegen eine natürliche Geburt eine Rolle. Hier kann durch Information und Unterstützung gegengesteuert werden.
Die Stärkung der natürlichen Geburt erfordert mehr Zeit und Personal für die Frauen – vor, während und nach der Geburt. Allerdings führt die dramatische Entwicklung der Versicherungsprämien in der Geburtshilfe aktuell zu einer massiven Personalverknappung. Hintergrund der steigenden Prämien ist aber nicht etwa eine Häufung von Schadensfällen, sondern ein enormer Anstieg der Schadenssummen.
Vor diesem Hintergrund fordern wir, dass die Risiken einer Geburt nicht mehr allein den Ärztinnen/Ärzten und Hebammen auferlegt werden, sondern dass die Geburt selbst zur Grundlage der Kalkulation von Haftpflichtprämien wird. Damit würde nicht nur dem Solidargedanken Rechnung getragen. Es würde vielmehr auch deutlich, dass die Folgen der Schadensentwicklung letztlich von der Gesellschaft zu tragen sind.
Das gemeinsame Ziel von Hebammen und Ärzteschaft ist die Gesundheit und die Sicherheit von Mutter und Kind. Dabei sollen auch künftig psychosoziale und emotionale Komponenten berücksichtigt werden und Frauen und ihren Familien eine gute Geburtserfahrung bzw. ein befriedigendes Geburtserleben ermöglicht werden.
Hinweise für die Redaktionen
Die Kampagne zur Stärkung der natürlichen Geburt ist eine Aktion des Sozialministeriums Baden-Württemberg mit den Fraktionen des Landtags Baden-Württemberg, dem Berufsverband der Frauenärzte e.V. Landesverband Baden-Württemberg, dem Hebammenverband Baden-Württemberg e.V., der Landesärztekammer Baden-Württemberg, der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft e.V. und der Techniker Krankenkasse Landesvertretung Baden-Württemberg.