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61. Jahreskongress der DGMKG in Bamberg: Die Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie im Zeichen der modernen Hightech-Medizin – Nachlese

categories Allgemein, Tumore, Zähne   19. Juli 2011    

Hofheim, Juli 2011. Unter der wissenschaftlichen Leitung des Kongresspräsidenten Prof. Dr. Dr. Dr. h.c. F.W. Neukam (Direktor der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie des Universitätsklinikums Erlangen) fand vom 16.-18. Juni  der 61. Jahreskongress der DGMKG im oberfränkischen Bamberg statt. Als Tagungsort diente die moderne Kongress- und Konzerthalle, die Heimat der berühmten Bamberger Symphoniker. Die architektonisch klare und grazile Glasbauweise erzeugte so einen wunderbaren Kontrapunkt zu der historienträchtigen  Kaiser- und Bischofsstadt Bamberg mit Ihrer hervorragend erhaltenen Altstadt. Diese Mischung aus historisch gewachsenem und hochmodernem Ambiente spiegelte in idealer Weise den Geist des Jahreskongresses wieder – Diskurs und kritische Reflexion im Spannungsfeld zwischen bewährter Qualität auf höchstem Niveau und inspirierender Innovation als Motor für die Zukunft. Eine wichtige Tradition, die durch Martin Waßmund mit der Gründung der Deutschen Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie ins Leben gerufen wurde und seit über 60 Jahren gepflegt wird.

Der Kongresspräsident Prof. Dr. Dr. Dr. h. c. Friedrich Wilhelm Neukam, Direktor  der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgischen Klinik, Universitätsklinikum Erlangen, und seine Mitarbeiter haben ein vielschichtiges und abwechslungsreiches Programm zusammengestellt. Die thematischen Kongress-Schwerpunkte waren mit „Früherkennung“ und „Lebensqualität“ umsichtig und treffend gewählt – beide Bereiche sind auch über das Fachgebiet hinaus hochaktuell und zeigen wesentliche Fragestellungen der täglichen Praxis auf. Dies traf nicht weniger auf das gewählte Nebenthema zu: Die „Rekonstruktionstechniken auf dem Prüfstand“ legten nicht nur den „state of the art“ in diesem Bereich dar, sondern unterstrichen auch die Dynamik und den ständigen Progress insbesondere im Bereich der mikrochirurgischen Rekonstruktion. Haupt- und Nebenthemen waren klar in kleinere Themenschwerpunkte aufgeteilt. Auf diese Weise gelang es sehr gut, die Fülle und Vielseitigkeit der Vorträge und Vortragsblöcke zu strukturieren. Ein weiterer Leitgedanke, der sich konzeptionell als roter Faden durch das wissenschaftliche Programm zog, wurde durch die Kongressleitung konsequent ausgeführt:  „Master Lectures“ führten zu Beginn der jeweiligen Vortragsblöcke in das Thema ein und zeigten den Stand des Wissens auf. Für diese Übersichtsdarstellungen konnten von Prof. Neukam und seinem Team herausragende Experten zu den jeweiligen Forschungsschwerpunkten und klinischen Fragestellungen gewonnen werden. Besondere Highlights waren hier Prof. Cheung aus Hongkong und Prof. Devauchelle aus Amiens in Frankreich.

Im Rahmen einer feierlichen Zeremonie, die im großen Joseph-Keilberth Saal ein würdiges Ambiente fand, begrüßten der Präsident der DGMKG Dr. T. Merholz und der Kongresspräsident Prof. Dr. Dr. Dr. F.W. Neukam die Teilnehmer und eröffneten den Kongress. Der Internationalität des Kongresses wurde besonders Ausdruck verliehen durch die Grußworte von Prof. Dr. J. F. Helfrick, dem Präsidenten der International Association of Oral and Maxillofacial Surgeons sowie von Prof. Dr. J. Fukuta, dem Präsidenten der Japanese Society of Oral and Maxillofacial Surgeons, die beide für den Anlass angereist waren. Anschließend referierte der Dekan des Universitätsklinikums Erlangen, Prof. Dr. Dr. h.c. J. Schüttler und der Vorsitzende des Vorstandes des Medical Valley, Prof. Dr .-Ing E.R Reinhardt, über die Notwendigkeit der Interdisziplinarität mit anderen Fachgebieten aber auch mit der modernen Medizintechnik. Ein Ideal, das im Rahmen des „Medical Valleys“, wie die Metropolregion Franken aufgrund ihrer engen Vernetzung zwischen den einzelnen medizinischen Disziplinen und der einzigartig hohen Konzentration an Medizintechnikunternehmen genannt wird, verwirklicht wurde. Im Rahmen dieses Festabends wurde als Höhepunkt der Veranstaltung der Waßmundpreis verliehen, der dieses Jahr an PD Dr. med. Dr. med. dent. Matthias Schneider, Leitender Oberarzt der Klinik für Mund-, Kiefer und Gesichtschirurgie des Universitätsklinikums Dresden ging. Die mit 5.000 Euro dotierte Auszeichnung wurde für seine Arbeit mit dem Titel „Operative versus konservative Behandlung von Kiefergelenkfortsatzfrakturen – Eine evidenzbasierte klinische und experimentelle Studie” vergeben. Für die musikalische Untermalung sorgte das Duo Kosower-Oh mit Interpretationen von Frederic Chopin und Mario Castelnuovo-Tedesco. Gesellig ließ man dann den Abend bei kleinen kulinarischen Köstlichkeiten ausklingen, die auf den einzelnen Ständen der Industrieaussteller gereicht wurden.

Die Pressekonferenz stand ganz unter dem Titel der Hightech-Chirurgie. Den zahlreich erschienenen Pressevertretern wurden außergewöhnliche Patientenschicksale präsentiert wobei die erstmals in dieser Art durchgeführte Entfernung eines Riesen-Tumors im Gesicht einer Patientin durch Pof. Dr. Dr. C.P. Cornelius, Oberarzt der Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie des Klinikums der Universität München, sicherlich den Höhepunkt darstellte und von der Presse mit großem Interesse aufgenommen wurde.

Das wissenschaftliche Programm begann mit dem Hauptthema Früherkennung. Nach einer Masterlecture von  PD Dr. Dr. K. Freier (Heidelberg) über die Bedeutung humaner Papillomaviren in Diagnostik und Therapie des Mundhöhlenkarzinoms standen am späten Vormittag die radiologischen und optischen Verfahren in der Früherkennung im Vordergrund. Hierbei wurde unter anderem der Stellenwert der modernen Bildgebenden Verfahren in der Mund-, Kiefer-, und Gesichtschirurgie im Vergleich zu den aktuellen Standardmethoden diskutiert und autofluoreszenzbasierte Methoden der Diagnostik vorgestellt. Am Nachmittag wurden ebenfalls unter dem Hauptthema Früherkennung die Genetik und Histologie in der Früherkennung näher beleuchtet. Hierbei zeigte sich die gesamte Vielfalt der genetischen Grundlagenstudien auf dem Gebiet der MKG-Chirurgie.

Zeitgleich wurde am ersten Kongresstag das Themenspektrum der Rekonstruktionstechniken behandelt. Einen Überblick über die beeindruckenden ästhetischen Ergebnisse moderner Rekonstruktionsmethoden bei Tumoren im Gesichtsbereich gab  Prof. Dr. Dr. A. Gaggl (Salzburg) im Rahmen seiner Masterlecture. In einer hervorragenden Übersichtsarbeit zeigte Prof. Dr. Dr. H. Schliephake (Göttingen) die Möglichkeiten und Grenzen regenerativer Verfahren in der rekonstruktiven Chirurgie auf. Am Nachmittag wurden die Freien Vorträge unter das Thema „Osteonekrosen“ gestellt. Hier zeigten sich die Fortschritte in der Erforschung dieser Pathologie vor allem auf molekularer Basis.

Bei der Wehr- und Katastrophenmedizin stand vor allem die Strategie des Einsatzes von Ärzten in Gefechtssituationen im Vordergrund. Hier wurden die Besonderheiten strategischer Einsätze von Notärzten im militärisch-bewaffneten Kontext durch Herrn Dr. M. Halm (Ulm) dezidiert dargestellt. Daneben wurde vor allem das Management von Schussverletzungen und Explosionsverletzungen behandelt.

Der folgende Freitag gestaltete sich ebenso sehr variationsreich und interessant. Das zweite Hauptthema wurde durch die Masterlecture von Frau PD Dr. M. Schuster aus der Abteilung für Phoniatrie und Pädaudiologie, Universitätsklinikum München eröffnet. Hierbei lag der Schwerpunkt auf der Funktionsdiagnostik der Sprech- und Schluckstörungen nach mund-, kiefer- und gesichtschirurgischen Behandlungen. Die Patientenzufriedenheit und Lebensqualität stand im Mittelpunkt der Diskussionen dieses Vormittages. Hier zeigte sich die Entwicklungsrichtung der modernen Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, die eine evidenzbasierte Evaluation des Patienten-Outcome immer mehr in den Vordergrund rückt. Die funktionellen Aspekte der Lebensqualität wurden in zwei Masterlectures zum einen durch Prof. Dr. H. Iro (Direktor der Hals-, Nasen- und Ohrenklinik, Erlangen) und Prof. Dr. Dr. P. Sieg (Lübeck) erörtert. Hierbei zeigte sich, dass ein gelungener Brückenschlag zwischen der Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgie und der Hals- Nasen- Ohrenheilkunde einen Mehrwert für beide Disziplinen darstellt.

Insgesamt wurden 63 Poster in Kurzvorträgen vorgestellt welche unter den Themen: Implantologie, Osteogenes Labor, Trauma, bildgebende Diagnostik, Kiefergelenks-erkrankungen, Dysgnathie und Fehlbildungen geführt wurden. Die Posterpreise wurden verliehen an Frau Dr. J. Schnorrenberg (Essen) und Herrn PD Dr. Dr. F. Kloss (Innsbruck).

Das wissenschaftliche Programm wurde am Freitagabend durch den traditionellen Kongressausflug in die pittoreske Bamberger Altstadt abgerundet. Auf dem kurzweiligen Rundgang durch die historische Innenstadt lernten die Teilnehmer die Sehenswürdigkeiten der faszinierenden UNESCO Weltkulturerbe-Stadt und ihre Geschichte kennen. Gekrönt wurde der Stadtbummel von einem Orgelkonzert im Bamberger Dom. Anschließend wurde in der ältesten, noch im Betrieb befindlichen Brauerei Bambergs in geselliger Runde einkehren.

Zum Auftakt des dritten Tages referierte PD Dr. Dr. F.-J. Kramer (Göttingen) über die Früherkennung und Prophylaxe von LKG-Spalterkrankungen. Die Annahme der multifaktoriellen Genese beinhaltete ebenso den Einbezug genetischer Faktoren. Hierbei wurde die prognostische Relevanz der bislang identifizierten relevanten Loci auf den Chromosomen geklärt. Diese Grundlagenarbeit ist hier ein weiterer Schritt zur Klärung der nicht-syndromalen Spalterkrankungen. Die weiteren Vorträge zogen sich über die gesamte Bandbreite der Frühinterventionen bei LKG-Patienten, wobei hier wiederum auf die subjektiven Parameter der Patienten bzw. deren Eltern Wert gelegt wurde.

Im Rahmen der zweiten Masterlecture des Tages referierte  Frau Prof. Dr. I. Watzke (Wien) die beeindruckenden Langzeitdaten der VIOSS Vienna Orthognathic Surgery Study, gefolgt von einer Aufarbeitung des Vergleichs zwischen Distraktion und Sagittal-Split-Osteotomie in der Behandlung von dysgnathen Fehlbildungen durch Prof. L.K. Cheung (Hongkong). Die Masterlecture-Reihe wurde durch Prof. Dr. G. Watzek (Wien) gebührend abgeschlossen. Er sprach über die Behandlung von Kindern mit totaler oder subtotaler Zahnlosigkeit.

Umrahmt wurde der Kongress durch zahlreiche Workshops die unter anderem auf das Weichgewegsmanagement bei Implantaten, Unterkiefer-, Gesichts- und Kiefergelenks- Rekonstruktionsverfahren und den prothetischen Aspekt  der Chirurgie behandelten.

Insgesamt erlebten die Teilnehmer drei hoch interessante, inspirierende und zum gegenseitigen Austausch anregende Tage in Bamberg – ein gelungener 61. DGMKG-Jahreskongress.

Weitere Informationen unter: www.mkg-chirurgie.de

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