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Vision und Wirklichkeit in der Schmerztherapie

categories Allgemein   8. Oktober 2010    

Mannheim – 7.10.2010. Nachdem eine ursächliche Therapieoption ausgeschlossen ist, werden Patienten mit chronischen Schmerzen zunächst konservativ behandelt: medikamentös, physio- und psychotherapeutisch. Bei fortschreitendem Krankheitsverlauf steigt der Medikamentenbedarf in einigen Fällen drastisch an. Das kann dazu führen, dass die Schmerzzustände nicht mehr ausreichend gelindert werden können oder intolerable Nebenwirkungen auftreten. In anderen Fällen zeigt die konventionelle Therapie keinen, für den Patienten befriedigenden, Effekt. „In diesen Fällen stellt die Neurostimulation eine exzellente Therapieoption dar. Mit der neuen haltungsabhängigen Stimulation wird diese Technik für Patienten spürbar verbessert“, so Dr. Jan Koy, Oberarzt an der Klinik für Neurochirurgie der TU Dresden. „So können wir vielen Patienten mit komplexen Rücken- und Beinschmerzen zu besserer Lebensqualität verhelfen“, sagt der Neurochirurg. Das neue, lernfähige System des RestoreSensor passt dabei die Stimulationsstärke automatisch an Aktivität  und Körperhaltung des Patienten an.

Elektroden folgen der Körperbewegung
Bei der Rückenmarkstimulation (SCS) werden von einem unter der Bauchhaut implantierten Impulsgeber über ein bis zwei Elektroden schwache elektrische Signale in den hinteren Epiduralraum abgegeben. Sie maskieren die Schmerzsignale – statt des Schmerzes empfindet der Patient ein leichtes Kribbeln in den entsprechenden Körperregionen. „Diese Parästhesie am richtigen Ort ist eine Grundvoraussetzung für den Therapieerfolg. Ihr schmerzlindernder Effekt sollte in einer ambulanten Testphase geprüft werden, bevor der Stimulator dauerhaft implantiert wird“, erläutert Dr. Koy. Dennoch kam es manchmal zu Missempfindungen, wenn der Patient seine Körperposition gewechselt hat. „Jede Veränderung der Körperhaltung kann sich auch auf das Rückenmark auswirken. Je nach Verlagerung des Schwerpunktes haben die Stimulationselektroden mehr oder weniger Kontakt zum Rückenmark“, erläutert Dr. Koy. Aufgrund dieser Verschiebung war es bisher für 84 Prozent der Patienten notwendig, die Stimulationsstärke manuell anzupassen. Zudem veränderten einer Umfrage zufolge 26 Prozent der SCS-Träger ihre Körperhaltung, um eine unangenehm starke Stimulation zu vermeiden (1).

Lernfähiges System stellt sich automatisch ein
Diese Missempfindungen bei der Rückenmarkstimulation lassen sich jetzt vermeiden. Der neue Schmerzstimulator RestoreSensor (Medtronic) verfügt über einen Sensor, der automatisch die Stimulationsstärke an die Körperhaltung des Patienten anpasst. „Es handelt sich dabei um ein lernfähiges System. In der Initialphase füttert der Patient den Impulsgeber mit Informationen per Fernbedienung.  Später stellt sich dieser von selbst auf die passende Stimulationsstärke ein“, erläutert Dr. Koy. Ermöglicht wird dies durch die integrierte AdaptiveStim-Technologie, welche sich in ähnlicher Form auch in Smartphones oder Spielekonsolen findet. AdaptiveStim umfasst ein eigens entwickeltes Rechenprogramm mit einem Accelerometer. Diese innovative Komponente erkennt die Richtung der Erdanziehungskraft, um die Körperhaltung und -aktivität zu ermitteln und automatisch die Höhe der Stimulationsamplitude anzupassen, wodurch dem Patienten kontinuierlich eine optimale Stimulation zur Verfügung gestellt wird.

Die Schmerzsituation in Deutschland
Nach Angaben des BMBF (Bundesministerium für Bildung und Forschung) leiden in Deutschland rund sechs Millionen Menschen an chronischen Schmerzen, und bei 500.000 bis 600.000 Patienten liegt ein schwer therapierbares Schmerzsyndrom vor. Rückenschmerzen stellen die häufigste Form chronischer Schmerzen dar. Die Lebensqualität der Schmerzpatienten ist oft erheblich beeinträchtigt. Als besonders gravierend gelten die psychosozialen Folgen (Vereinsamung, Depression), von denen diese Menschen und ihre Angehörigen meist zusätzlich betroffen sind. Auch die volkswirtschaftlichen Belastungen sind erheblich: So werden allein bei Rückenschmerzen die Kosten für Behandlung, Rehabilitation, Arbeitsausfälle und frühzeitige Berentung auf über 15,3 Milliarden EURO pro Jahr geschätzt.

1: Medtronic Marktforschungsstudie 2009
Quelle: Medtronic, Mannheim Schmerzkongress

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